Mängel in der Mandatsführung: Unterschied zwischen den Versionen

Aus VBBRB-Wiki
Wechseln zu: Navigation, Suche
(Die Seite wurde neu angelegt: «== Mängel in der Mandatsführung<ref>Aus der Beratungspraxis der SVBB: Daniel Rosch, Prof. (FH) Dr. iur./dipl. Sozialarbeiter FH/MAS Nonprofit-Management, Hochs…»)
 
K (= Haftung des Besistandsperson)
 
Zeile 15: Zeile 15:
 
Der Beistand hat Anspruch auf eine angemessene Entschädigung und den Ersatz der notwendigen Spesen aus dem Vermögen der verbeiständeten Person gemäss Art. 404 ZGB, wobei bei einem Berufsbeistand die Entschädigung und der Spesenersatz an den Arbeitgeber des Berufsbeistandes fällt (siehe hierzu unten Ziff. 4). Die Höhe der Entschädigung legt die KESB fest, wobei sie insbesondere den Umfang und die Komplexität der Aufgaben des Beistandes zu berücksichtigen hat. Zudem können die Kantone Ausführungsbestimmungen erlassen. Der Kanton St. Gallen hat aufgrund dieser Gesetzesdelegation und in Anwendung von Art. 32 des Einführungsgesetzes zur Bundesgesetzgebung über das Kindes- und Erwachsenenschutzrecht vom 21. Februar 2012 (EG KESR; SG 912.5) die Verordnung über die Entschädigung und den Spesenersatz bei Beistandschaften vom 11. Dezember 2012 (SG 912.51) erlassen. Gemäss Art. 3 der Verordnung rechnet die Beiständin oder der Beistand die Entschädigung in der Regel nach Abschluss der Rechnungsperiode nach Art. 410 ZGB ab.
 
Der Beistand hat Anspruch auf eine angemessene Entschädigung und den Ersatz der notwendigen Spesen aus dem Vermögen der verbeiständeten Person gemäss Art. 404 ZGB, wobei bei einem Berufsbeistand die Entschädigung und der Spesenersatz an den Arbeitgeber des Berufsbeistandes fällt (siehe hierzu unten Ziff. 4). Die Höhe der Entschädigung legt die KESB fest, wobei sie insbesondere den Umfang und die Komplexität der Aufgaben des Beistandes zu berücksichtigen hat. Zudem können die Kantone Ausführungsbestimmungen erlassen. Der Kanton St. Gallen hat aufgrund dieser Gesetzesdelegation und in Anwendung von Art. 32 des Einführungsgesetzes zur Bundesgesetzgebung über das Kindes- und Erwachsenenschutzrecht vom 21. Februar 2012 (EG KESR; SG 912.5) die Verordnung über die Entschädigung und den Spesenersatz bei Beistandschaften vom 11. Dezember 2012 (SG 912.51) erlassen. Gemäss Art. 3 der Verordnung rechnet die Beiständin oder der Beistand die Entschädigung in der Regel nach Abschluss der Rechnungsperiode nach Art. 410 ZGB ab.
  
====  Haftung des Besistandsperson ===
+
====  Haftung des Besistandsperson ====
 
Entsteht der verbeiständeten Person aufgrund von widerrechtlichem (in der Regel sorgfaltspflichtwidrigem) Handeln des Beistandes bzw. der Beiständin ein Schaden, so hat gemäss Art. 454 ZGB der Staat dafür aufzukommen; dieser kann allerdings gemäss Art. 454 Abs. 4 ZGB Rückgriff auf den Beistand bzw. die Beiständin nehmen, soweit dies im kantonalen Recht vorgesehen ist. Der Kanton St. Gallen hat in Art. 9 EG KESR den Rückgriff auf die Trägerschaft der KESB und die die nach Art. 33 des Sozialhilfegesetzes vom 27. September 1998 (SG 381.1) für die Aufsicht zuständige Stelle vorgesehen, die ihrerseits wiederum auf die verursachende Person Rückgriff nehmen kann, soweit der Schaden grobfahrlässig oder vorsätzlich verursacht wurde. Massgebend sind, soweit das Bundesrecht nicht greift, die Bestimmungen des Verantwortlichkeitsgesetzes vom 7. Dezember 1959 (SG 161.1).
 
Entsteht der verbeiständeten Person aufgrund von widerrechtlichem (in der Regel sorgfaltspflichtwidrigem) Handeln des Beistandes bzw. der Beiständin ein Schaden, so hat gemäss Art. 454 ZGB der Staat dafür aufzukommen; dieser kann allerdings gemäss Art. 454 Abs. 4 ZGB Rückgriff auf den Beistand bzw. die Beiständin nehmen, soweit dies im kantonalen Recht vorgesehen ist. Der Kanton St. Gallen hat in Art. 9 EG KESR den Rückgriff auf die Trägerschaft der KESB und die die nach Art. 33 des Sozialhilfegesetzes vom 27. September 1998 (SG 381.1) für die Aufsicht zuständige Stelle vorgesehen, die ihrerseits wiederum auf die verursachende Person Rückgriff nehmen kann, soweit der Schaden grobfahrlässig oder vorsätzlich verursacht wurde. Massgebend sind, soweit das Bundesrecht nicht greift, die Bestimmungen des Verantwortlichkeitsgesetzes vom 7. Dezember 1959 (SG 161.1).
  

Aktuelle Version vom 23. Juni 2020, 17:00 Uhr

Mängel in der Mandatsführung[1]

Mängel in der Mandatsführung können nicht mit dem Mandatsentschädigungsanspruch verrechnet werden. Notfalls ist gegen den Entscheid der KESB mittels Beschwerde vorzugehen.

Erwägungen

Rechnungslegung und Berichterstattung

Art. 411 ZGB regelt die Berichterstattung des Beistandes bzw. der Beiständin im Rahmen ihrer Mandatsführung. Darin findet sich eine Berichterstattungspflicht zuhanden der KESB so oft wie nötig, mindestens aber alle zwei Jahre. Art. 410 ZGB beinhaltet die analoge Regelung, wenn der Beistand bzw. die Beiständin Vermögens- oder/und Einkommensverwaltungsaufgaben innehat. Sie bzw. er hat die Rechnung der KESB zur Prüfung vorzulegen. Die KESB hat sodann gemäss Art. 415 ZGB die beiständliche Rechnung und den beiständlichen Bericht zu prüfen. Sie kann von Bundesrechts wegen:

  1. die Genehmigung erteilen oder diese verweigern,
  2. in Bezug auf den Bericht, wenn nötig, eine Ergänzung einverlangen,
  3. nötigenfalls Massnahmen treffen, die zur Wahrung der Interessen der betroffenen Person angezeigt sind.

Mandatsentschädigung

Der Beistand hat Anspruch auf eine angemessene Entschädigung und den Ersatz der notwendigen Spesen aus dem Vermögen der verbeiständeten Person gemäss Art. 404 ZGB, wobei bei einem Berufsbeistand die Entschädigung und der Spesenersatz an den Arbeitgeber des Berufsbeistandes fällt (siehe hierzu unten Ziff. 4). Die Höhe der Entschädigung legt die KESB fest, wobei sie insbesondere den Umfang und die Komplexität der Aufgaben des Beistandes zu berücksichtigen hat. Zudem können die Kantone Ausführungsbestimmungen erlassen. Der Kanton St. Gallen hat aufgrund dieser Gesetzesdelegation und in Anwendung von Art. 32 des Einführungsgesetzes zur Bundesgesetzgebung über das Kindes- und Erwachsenenschutzrecht vom 21. Februar 2012 (EG KESR; SG 912.5) die Verordnung über die Entschädigung und den Spesenersatz bei Beistandschaften vom 11. Dezember 2012 (SG 912.51) erlassen. Gemäss Art. 3 der Verordnung rechnet die Beiständin oder der Beistand die Entschädigung in der Regel nach Abschluss der Rechnungsperiode nach Art. 410 ZGB ab.

Haftung des Besistandsperson

Entsteht der verbeiständeten Person aufgrund von widerrechtlichem (in der Regel sorgfaltspflichtwidrigem) Handeln des Beistandes bzw. der Beiständin ein Schaden, so hat gemäss Art. 454 ZGB der Staat dafür aufzukommen; dieser kann allerdings gemäss Art. 454 Abs. 4 ZGB Rückgriff auf den Beistand bzw. die Beiständin nehmen, soweit dies im kantonalen Recht vorgesehen ist. Der Kanton St. Gallen hat in Art. 9 EG KESR den Rückgriff auf die Trägerschaft der KESB und die die nach Art. 33 des Sozialhilfegesetzes vom 27. September 1998 (SG 381.1) für die Aufsicht zuständige Stelle vorgesehen, die ihrerseits wiederum auf die verursachende Person Rückgriff nehmen kann, soweit der Schaden grobfahrlässig oder vorsätzlich verursacht wurde. Massgebend sind, soweit das Bundesrecht nicht greift, die Bestimmungen des Verantwortlichkeitsgesetzes vom 7. Dezember 1959 (SG 161.1).

Verrechnung und ratio legis von Art. 404 Abs. 1 Satz 2

Mit Art. 120 ff. OR sieht das Recht vor, dass Forderungen miteinander verrechnet, also wechselseitig getilgt werden können, wenn zwei Personen einan-der gleichartige Leistungen, insb. Geld, schulden; sie ist möglich mit einer Verrechnungserklärung der Partei, die eine Verrechnung möchte (Schwenzer, OR AT, Rz. 77.01). Davon zu unterscheiden ist der Verrechnungsvertrag, der eine gegenseitige übereinstimmende Willenserklärung beider Parteien voraussetzt (Schwenzer, OR AT, Rz. 77.03) und vorliegend (wohl) mangels Konsens nicht vorliegt.

Voraussetzung für eine Verrechnung ist nach Art. 120 Abs. 1 OR unter anderem, dass die Partei, die verrechnen will, Gläubigerin der Verrechnungsforderung ist, die sie durchsetzen möchte und gleichzeitig Schuldnerin der Hauptforderung, die sie tilgen will. Somit kann die verrechnende Partei nicht die Forderung eines Dritten gegen den Verrechnungsgegner einsetzen und verrechnen (BGE 132 III 342, E. 4.3.; Schwenzer, OR AT, Rz. 77.04).

Vorliegend sind aber die Forderungen nicht gegenseitig. Der Anspruch auf Mandatsentschädigung ist auch beim Berufsbeistand bzw. der Berufsbeiständin eine Forderung gegenüber der betroffenen Person, die von der KESB festgelegt und gegenüber der betroffenen Person bzw. subsidiär dem Gemeinwesen (vgl. Art. 5 Abs. 2 Verordnung über die Entschädigung und den Spesenersatz bei Beistandschaften vom 11. Dezember 2012 [SG 912.51]) danach geltend gemacht werden kann (BGer vom 23.12.2016 5A_503/2016, E. 2.3.; Tuor / Schnyder /Schmid / Jungo, ZGB, S. 655). Bei Berufsbeiständ(inn)en fallen gemäss Art. 404 Abs. 1 Satz 2 ZGB Entschädigung und Spesen an den Arbeitgeber. Im Schrifttum wird diesbezüglich die Auffassung vertreten, dass es sich hierbei um eine Legalzession an den Arbeitgeber handelt (BSK ZGB I-Reusser, Art. 404 N 33). Dies würde bedeuten, dass nicht mehr der Beistand bzw. die Beiständin, sondern ausschliesslich der Arbeitgeber Entschädigung und Spesen geltend machen und durchsetzen könnte. Nach der hier vertretenen Auffassung handelt es sich demgegenüber nicht um eine Legalzession wie z.B. in Art. 289 Abs. 2 ZGB. Vielmehr betrifft die Regelung ausschliesslich das Innenverhältnis zwischen Arbeitgeber und Beistand bzw. Beiständin. Der historische Gesetzgeber wollte hier eine Regelung einführen, welche im vorrevidierten Recht «regelmässig» dienstrechtlich, also arbeitsrechtlich vorgesehen war und diese arbeitsrechtliche Regelung bundesweit vereinheitlichen. Die Botschaft zum revidierten Erwachsenenschutzrecht führt dies wie folgt aus:

«… Für einen Systemwechsel besteht kein ausreichender Anlass. Die Beistandschaft dient den Interessen der betroffenen Person, sodass diese weiterhin primär für die Kosten der staatlich organisierten Dienstleistung aufzukommen hat.
Nach geltendem [bzw. vorrevidiertem; Anm. des Verfassers] Recht hat die Vormundschaftsbehörde die Entschädigung dem Vormund zuzusprechen (Art. 416 ZGB), nicht dem Gemeinwesen, das ihn angestellt hat. Dienstrechtlich wird allerdings regelmässig vorgesehen, dass eine solche Entschädigung an die Kasse der Amtsvormundschaft abzuliefern ist. Das neue Recht vereinfacht mit Absatz 3 die Situation» (Botschaft, S. 7051).

Schon aus dem Wortlaut ist abzuleiten, dass nicht die ehemalige «Amtsvormundschaft» den Anspruch geltend macht, sondern der Beistand, der diesen dann – im Innenverhältnis – «abzuliefern» hat. Entsprechend zurückhaltend ist auch Art. 404 Abs. 1 Satz 2 formuliert («zufallen»), insbesondere wenn man diese Formulierung mit der Legalzession von Art. 289 Abs. 2 ZGB vergleicht («geht mit allen Rechten … über»).

Diese Kontroverse ist jedoch nicht ausschlaggebend für die Frage der Gegenseitigkeit der Verrechnung. Geht man von einer Legalzession aus, ist der Arbeitgeber anspruchsberechtigt und zur Durchsetzung der Forderung eingesetzt. Geht man von der hier vertretenen Auffassung aus, wäre es der Beistand bzw. die Beiständin, die aber im Rahmen der Verpflichtung im Innenverhältnis Entschädigung und Spesen dem Arbeitgeber «abliefern» muss. Demgegenüber ist die Einforderung der Verrechnungssteuer bzw. regelmässig weitere Forderungen, welche der Beistand bzw. die Beiständin im Rahmen der Mandatsführung geltend macht, eine Forderung der schutzbedürftigen Person, vertreten durch den Beistand bzw. der Beiständin, gegenüber einem Dritten bzw. einer Dritten und nicht gegenüber der KESB. Folglich mangelt es an der Gegenseitigkeit als Voraussetzung für eine Verrechnung. Es kann nicht verrechnet werden.

Weitere Überlegungen zur «Verrechnung»

Diese Form der «Verrechnung» ist aber auch aus anderen grundsätzlichen Überlegungen nicht zulässig. Das Zivilgesetzbuch umschreibt die Schutzinstrumente im Bereich Haftung und Berichtsprüfung umfassend. Unterläuft einem Beistand oder einer Beiständin eine Sorgfaltspflichtverletzung und entsteht daraus adäquat kausal ein Schaden, so kommen die Haftungsbestimmungen gemäss Art. 454 ZGB zum Tragen (siehe ausf. ESR Komm-Mösch Payot / Rosch, Art. 454 N 3 ff.). Das kantonalrechtliche vorgesehene Haftungsverfahren ist anzuberaumen, worin auch Schaden und Verantwortlichkeit festgelegt werden (dies ist nicht Aufgabe der KESB, vgl. oben Ziffer 3). Wird demgegenüber im Rahmen der Prüfung des Rechenschaftsberichtes festgestellt, dass mögliche Forderungen nicht geltend gemacht wurden, kommen Weisungen, Aufforderungen, Empfehlungen, Ersatzvornahmen oder eine Nichtgenehmigung in Betracht (ESR Komm-Langenegger, Art. 415 N 5 f.). Es handelt sich somit um zwei zu unterscheidende Verfahren und Instrumente, die von Bundesrechts wegen nicht mit­einander vermischt werden dürfen.

Fallbeispiel

Die KESB bringt im Rahmen der Beschlussfassung einen Betrag von 100 Franken direkt mit der Mandatsentschädigung in Abzug mit der Begründung, dass die Beistandsperson die «Verrechnungssteuer in der Höhe von Fr. 100.– nicht zurückgefordert» habe. Doch ein Mangel in der Mandatsführung, mag er auch klein erscheinen, darf nicht mit dem Mandatsentschädigungsanspruch verrechnet werden. Notfalls ist gegen den Entscheid der KESB mittels Beschwerde vorzugehen.

Einzelnachweise

  1. Aus der Beratungspraxis der SVBB: Daniel Rosch, Prof. (FH) Dr. iur./dipl. Sozialarbeiter FH/MAS Nonprofit-Management, Hochschule Luzern Soziale Arbeit.